In Mexkio ersteigertes Papierstück Deutschland - mit Hermann, Schwan und Ruderbooten |
Mit dieser seltsam teutonischen und erstaunlich unmexkanischen Postkarte aus Ciudad Mexico begann die Korrespondenz mit Gabriel Carrillo de Icaza, der als einer der beiden Gastkünstler von STADTBESETZUNG zum Thema EXKURSIONEN nach Ahlen kommen sollte.
Icaza wendet den etnographischen Blick nach Deutschland und nimmt das, was ihn interessiert - den skurilen Schwertträger aus germanischen Urzeiten und die rätselhaften Riesenkiesel am malerischen Waldteich im Lipperland. Gleich uns Deutschen, wenn wir in Mexiko die Pyramiden, die archäologischen Stätten der sagenhaften und dito brutalen Atzteken heim- oder besuchen.
Er ist Teil des Teams #underconstructions das sich aus zwei Seiten von Mexico über Rom nach Ahlen und von Münster übers Land nach Ahlen aufeinander zu bewegen sollten und nach einem gemeinsamen Treffen in Ahlen als MOBILE BAUSTELLE in Etappen durch Westfalen bewegen sollten. Zum Team gehören neben Gabriel Carrillo de Icaza auch Elizabeth de Jesús und Susanne von Bülow sowie Ruppe Koselleck als künstlerischer Leiter des KunstVerein Ahlen.
Die teutonischen Nummerales von Gabriel Carrillo de Icaza im Postkartenständer des örtlichen Shops. |
Und Ausgangspunkt unserer ersten Exkursion sollte der Hermann werden, diese monströse Urgewalt von deutscher Plastik inmitten eines Waldgebietes - Zeugnis teutonischer Sieges- und Manneskraft im ausklingenden 19. Jahrhundert - in Zeiten nationaler aufgebrutzelter Selbstvergewisseung.
De Icaza setzt sich in seinem künstlerischen Arbeiten mit pantonalen Bezugspunkten auseinander und dekonstruiert Landschaften wie Architekturen, löst diese nach ästhetischen Entscheidungen auf und konzipiert freie Wirklichkeiten auf Leinwand und Papier.
Für STADTBESETZUNG wandelt er sein Konzept "Nummerales" ab und reduziert die Postkarte zunächst auf eine linientreue schwarz-weisse Rekonstruktion auf DIN A6 Karton. Im Kleingedruckten verweist Icaza auf die entfernten Farben und gibt pantonenpräzise vor, wie denn eine handgemachte Postkarte auszusehen hätte.
Wir begeben uns also auf die Reise nach Ostwestfalen und steuern das touristische Ziel an. Hier verteilen wir (siehe oben) die unfertigen Postkarten in den dafür vorgesehenen Kartenständern des lippischen Supershops am Denkmal.
Gabriel Carrillo de Icaza vor der Ernst von Bandel Gedenktafel am Fuße des Denkmals. |
Der Künstler im Gespräch mit Besucherinnen, die sich Postkarten als "do it yourself" Variante mitnehmen können. |
Zu den Füßen des Denkmals bauen wir dann unsere mobile Baustelle auf und der Künstler beginnt sein Werk mit der sorgfältigen Untersuchung der örtlichen Licht- und proportionalen Größenverhältnisse.
De Icaza beginnt dann das Projekt
MALEN NACH ZAHLEN VOR ORIGINALEN
jene absurde Rekonstruktion, die zwischen Postkartenmotiv, Passanten und Wirklichkeit hin und herzuspringen beginnt. Dabei wird das optische Farb- und Formennarrativ an einem digitalen Bruchfeld zerstörter Dateien realisiert. (vergl. Abbildung oben.)
Pantonengerechte Collorierung oder dekonstruierte Etnographik des mythischen Tourismus? |
Der Künstler im Beratungsgespräch vor Ort |
MALEN NACH ZAHLEN VOR DEM ANALOGEN ORIGINAL |
Hier treffen wir eine Reisegruppe aus Israel, ebenso wie Amerikaner oder Neue Haiden, die vor Ort Wotan, Odin oder Thor zu finden glauben.
Einer von diesen neuen Haiden spielt uns vor dem Hintergrund der sich langsam verabschiedenden Sonne ein paar esotherische Klänge aus einem mir unbekannten Blasinstrument, die über den Teich zu der zweiten örtlichen Malstation geweht kommen. Auf der obigen Abbildung befindet sich der Musiker in einer der steinernen Höhlen des geologischen Monuments.
Und geht die erste Exkursion von #underconstructions seinem Ende entgegen, wir haben einige Postkarten verteilt...und nun bleibt es abzuwarten, wieviele farbliche Transformationen im Kontext von Odin in Lippe und Icaza am Teich seinen Weg in den KunstVerein zurückfinden werden.
Fortsetzung folgt.
Ruppe Koselleck
für die Mobile Baustelle
i.A. von #underconstructions
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